Stichwort: Rente mit 60

Die so genannte Rente mit
60 ist ein Modell der Gewerkschaft IG
Metall. Bereits vergangenes Jahr hat IG-Metall-Chef Klaus Zwickel die Idee vorgestellt,
seitdem schlägt die Debatte darum immer wieder hohe Wellen. Ziel ist es, mit der Rente ab
60 eine Brücke zwischen alten und jungen Arbeitnehmern zu schlagen
und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Wer
60 ist,
35 Versicherungsjahre angesammelt hat und in Rente gehen will, soll
nach der Idee der IG Metall dazu die Möglichkeit haben.
Bisher dürfen nur Frauen, Langzeitarbeitslose, Schwerbehinderte und Menschen, die vorher
mindestens zweieinhalb Jahre in Altersteilzeit waren, mit
60 in den
Ruhestand gehen. Nach einem Gesetz, das noch die alte Bundesregierung unter Helmut Kohl
verabschiedet hat, müssen diese Jungrenter allerdings
18 Prozent
Abschläge in Kauf nehmen. Zwickel will diese Möglichkeit allen Beschäftigten eröffnen und
zugleich die
18 Prozent über einen so genannten Tariffonds
ausgleichen. Dieses Modell will die IG Metall auf fünf Jahre befristen. In den Tariffonds
sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils rund
0,5 Prozent des
Bruttolohnes einzahlen.
Wer profitiert? Kurzfristig die Finanzwerte und sicher TMT. Aber Letztere sind
hoch bewertet, leiden unter fallenden Margen und bleiben etwas für spekulative Gemüter.
Konservative Anleger machen keinen Fehler, wenn sie auf zyklische Substanzwerte setzen.
Eine Modellrechnung auf der Basis von Schätzungen legte die Gewerkschaft schon
1998 vor: Danach würde die Rente ab 60
für fünf Jahre 60 bis 70 Milliarden Mark
kosten oder gut ein Prozent der jährlichen Lohnsumme. Um die Rentenabschläge auszugleichen,
würden bei einer Durchschnittsrente von 2.133 Mark im Monat
384 Mark benötigt. "Bei einer durchschnittlichen Rentenzahlungsdauer
von 14 Jahren müßten demnach rund 65.000
Mark pro Rentner zur Finanzierung dieser Abschläge aufgebracht werden", rechnete die IG Metall
vor.
Die Gewerkschaft schätzt, dass von den heute rund drei Millionen Arbeitnehmern
zwischen
55 und
65 Jahren etwa
80 Prozent - also
2,4 Millionen - bereit
seien, mit
60 in Rente zu gehen. Trotzdem sei nicht von einem
Bedarf von
156 Milliarden Mark auszugehen, da nicht schlagartig alle
auf einmal ausscheiden. Die IG Metall geht deshalb davon aus, dass in dieser Übergangszeit nur
60 bis
70 Milliarden Mark als Ausgleich
benötigt werden, die mit dem Tariffonds aufgebracht werden so. Damit kämen in fünf Jahren
60 Milliarden Mark zusammen.
"Nicht finanzierbar" oder auch "unausgegoren und kontraproduktiv" war die Antwort
des Arbeitgeberlagers zu den Vorschlägen. Auch der Verband der Rentenversicherungsträger (VDR)
erteilte dem Modell damals eine Absage. Eine volle Rente mit 60
werde die Rentenkassen trotz der geplanten Finanzierung über Tariffonds enorm belasten. Zudem
seien die arbeitsmarktpolitischen Wirkungen äußerst fraglich, da erfahrungsgemäß nur ein
geringer Teil der von Vorruheständlern freigemachten Stellen wieder besetzt werde. Der VDR
rechnet mit einer Mehrbelastung von gut 2,5 Milliarden Mark pro
100.000 Rentner. Zugleich gäbe es Beitragsausfälle von rund einer
Milliarde, falls diese Stellen nicht wiederbesetzt würden. Dem hielt Zwickel jetzt entgegen,
dass 100.000 Arbeitslose weniger rund 4,5
Milliarden Mark Ersparnis für den Staat brächten.