POLITIK...


Ehrenkodex ruft massive Kritik hervor


Die Verabschiedung

des von der Bundesregierung geplanten Ehrenkodexes für Aktienanalysten und Journalisten wird sich in die Länge ziehen. Verbände äußern Zweifel am Vorhaben der Bundesregierung, Analysten und Journalisten zu reglementieren.


Angesichts der teils massiven Kritik

der betroffenen Verbände ist unsicher, ob das Vorhaben Berlins überhaupt realisiert werden kann. Schärfste Kritiker an dem von den Professoren Wolfgang Gerke und Rüdiger von Rosen erstellten Gutachten, das Grundlage für den Kodex sein soll, ist die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA).
Die meisten Berufsverbände haben die vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) erbetenen Stellungnahmen eingereicht. Mit dem von BMWi-Staatssekretärin Margareta Wolf initiierten Kodex will Berlin auf die scharfe Kritik reagieren, die vor allem seit dem Kurseinbruch am Neuen Markt laut geworden ist.


Optimistische Prognosen

Vor allem Analysten werden mangelnde Unabhängigkeit ("Insidergeschäfte") und zu optimistische Ertragsprognosen für börsennotierte Unternehmen vorgeworfen. Einzelpersonen, die gegen die geplanten Verhaltensrichtlinien verstoßen, sollen bis zu 50.000 E, Unternehmen sogar bis zu 500.000 Euro Strafe zahlen.

Angezweifelt wird vor allem, ob ein beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) angesiedelter Beirat bei Verstößen gegen den Kodex Strafen verhängen und kassieren darf, wie es das Gutachten empfiehlt. So hält es der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken für "rechtsstaatlich problematisch, wenn das BAWe [...] als Kontrollinstanz bei der Überwachung der Einhaltung des freiwilligen Kodexes tätig würde."


Lücken

Auch die DVFA sieht juristische Lücken in dem Gutachten. "Das kann man an mehreren Stellen total auseinander nehmen", sagt Geschäftsführer Gerrit Volk. Anstelle des BAWe solle ein Sanktionsausschuss Strafen verhängen. Dem Ausschuss sollten Vertreter der Europäischen Vereinigung der Analystenverbände (Effas) und Volljuristen angehören.


Als Konsequenz aus der länderübergreifenden Kritik

fordert die DVFA, die Debatte auf eine europäische Plattform zu stellen. Zudem sei zweifelhaft, ob die Beschränkung auf Analysten und Journalisten den betroffenen Personenkreis nicht zu sehr einenge. "Wenn der Bundeskanzler die Aktie der Deutschen Telekom für unterbewertet hält, ist er dann auch ein Finanzmarktteilnehmer?", fragt Volk rhetorisch.


Befristetes Handelsverbot

Die German Association of Investment Professionals (GAIP) schlägt ein nur 48 Stunden dauerndes Handelsverbot und eine Mindesthaltefrist für Analysten vor anstelle eines generellen Verbotes, Aktien zu halten. Der Bundesverband deutscher Banken hält unter anderem die Einbeziehung von Chat-Foren im Internet für wirtschaftlich nicht vertretbar.

Der Presserat schließlich hat Zweifel, ob die "restriktive Selbstregulierung nicht die Pressefreiheit einschränken könnte". Geschäftsführer Lutz Tillmanns plant deshalb für den Herbst eine öffentliche Anhörung von Experten. "Wir haben keine Eile bei diesem Thema", sagt Tillmanns.



Quelle: T-Online und Financial Times Deutschland

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